Es kocht in Verona
In „Supp“ schaut das Chawwerusch Theater hinter die Kulissen von Romeo und Julia
Sich gegenseitig mit Gurken und Paprika bewerfen – wo gibt’s denn so was? Im Verona der Renaissance, wo sich die Köche der beiden Häuser Capulet und Montague mindestens genauso erbittert bekämpften wie ihre Herrschaften. Nachdem der oberste Koch wegen Zerstörung der Marktstände und Prügelei hinter Gittern gelandet ist, übernehmen im Hause Capulet drei Köchinnen (Felix S. Felix, Miriam Grimm, Laura Kaiser) die Vorbereitungen für das große Hochzeitsmahl von Julia – klar, dass sich auch bei ihnen alles um Gesellschaftsordnung, Missverständnisse und die große Liebe dreht. In der neuen Produktion „Supp“ betrachtet das Chawwerusch Theater die berühmte Fehde und tragische Liebesgeschichte Shakespeares aus anderer Sicht, nämlich von der Küche aus. Geschrieben von Ferruccio Cainero und Felix S. Felix wurde die Komödie von Walter Menzlaw 2021 neu inszeniert.
Die drei sind Expertinnen, keine Frage. Wie guter Frischkäse riecht, wie das Gemüse zu schneiden ist und dass in einer Tomatensuppe in jedem Fall Knoblauch drin sein muss, da sind sie sich völlig einig. Bei ihren Schilderungen kann das Publikum die italienischen Gewürze riechen und das Ratatouille schmecken. Beim großen Thema Liebe allerdings gehen die Meinungen auseinander. Julia hat sich gegen den Willen der Familie und für den geliebten Romeo entschieden? Die jüngste Köchin hat vollstes Verständnis und schildert den beiden älteren in einer flammenden Rede, wie es ist, wenn die Gefühle alles überwältigen: „Sie hat es nur der Liebe wegen getan. Sie spürt eine Wärme, eine Süße, die von ihr Besitz ergriffen hat, eine Kraft, über die sie keine Gewalt hat. Vor dieser Kraft kann man sich nicht schützen.“
Die ältere Köchin denkt voller Wehmut an ihre eigene Zeit der Verliebtheit zurück und dass ihr eine Beziehung mit Luggiano verboten wurde. Der Pater, Fra Lorenzo, hat ihr damals eine große Predigt über Jungfräulichkeit und Gott gehalten. Der gleiche Fra Lorenzo übrigens, der jetzt die beiden Liebenden aus hohem Hause heimlich vermählt hat. Völlig abgeklärt dagegen verweist die dritte Köchin, die Schwärmereien der beiden anderen in ihre Schranken, große Gefühle sind Herrschaftsangelegenheiten: „Wir können uns nicht den Luxus leisten, zu lieben.“ Im Küchendunst erwacht dann aber auch Widerspruchsgeist. Warum sollte das, was bei den Herrschaften erhaben und wunderbar ist, bei den Bediensteten nur schmutzig und gegen die kirchliche Ordnung sein? Zwischen geschnippelten Zwiebeln und schmutzigen Töpfen werden Ränke geschmiedet, Verwirrungen gestiftet und erstaunliche Entdeckungen gemacht.
Die Commedia dell’arte, die klassische italienische Typenkomödie mit viel Musik, Clownerie und Bewegung, stand Pate für diese lebhaft-witzige Inszenierung mit einer Reihe von traditionellen italienischen Volksliedern. Die Musik bringt die Gefühle der drei Figuren auch dort zum Ausdruck, wo es den Köchinnen manchmal an Worten fehlt: „Du hast Musik im Herzen, hol sie raus.“
Das Bühnenbild (ebenfalls Walter Menzlaw) zitiert – wie in vielen Chawwerusch Produktionen – Zeitgenössisches, ohne naturalistisch zu sein. Grobgezimmerte Regale und Tische, Küchengeräte, Gemüse und Obst versetzen in eine alte herrschaftliche Großküche und lassen der Fantasie immer noch viel Spielraum. Die Kostüme wurden von Kristina Baumert gestaltet. Alle Infos zu den Chawwerusch-Vorstellungen unter Coronabedingungen finden sich auf www.chawwerusch.de.
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